« The Cleaners »: Die Opfer des Bildergemetzels

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« Ignore. » – « Delete. » – « Ignorieren. »
– « Löschen ». Acht Sekunden hat ein Train material Moderator, um zu entscheiden: Darf
dieses Bild, dieses Video auf Fb oder einem anderen sozialen Netzwerk
bleiben, oder muss der Beitrag gelöscht werden? Acht Sekunden, um zu erkennen:
Ist das Satire oder Beleidigung, Kunst oder eine kriminelle Handlung? Modified into once
dürfen die Nutzer sehen, changed into nicht?

Cleaner werden die Menschen genannt, die als Ausputzer für
Fb und andere Internetkonzerne tätig sind. Auf sie prasseln Bilder
und Movies ein, die widerwärtigste Gewalt zeigen: Folter, Enthauptungen,
Kindesmissbrauch. Schon einzelne dieser
Bilder sind nicht zu ertragen, doch die Cleaner sind ihnen tausendfach
ausgeliefert. Und für jeden oder jede von ihnen gibt
es diese eine Aufnahme, die aus der endlosen Bilderlawine des Grauens
herausragt; die die Betroffenen als ihren persönlich Horrotrip bezeichnen, der
sie immer und überall begleitet, auch Jahre später noch.

Für einen jungen Cleaner aus Manila ist es der Selbstmord, den
ein Mann im Livestream von Fb vor laufender Kamera begeht. Wie er sich
die Schlinge um den Hals legt, auf einen Stuhl steigt, diesen zum Kippen bringt – das wird er niemals vergessen. Auch nicht, wie er hilflos « Mach es nicht »
schrie. Der junge Mann ist einer der Protagonisten,
die die deutschen Filmemacher Hans Block und Moritz Rieseweck in ihrer Dokumenation The
Cleaners
bei der Arbeit begleiten.

Auch in Deutschland arbeiten Cleaner für Fb

Schätzungen zufolge arbeiten weltweit bis zu 100.000 Menschen
weltweit daran, Beiträge auf Fb oder in anderen sozialen Netzwerken zu
löschen, die von anderen Nutzern als unzulässig gemeldet werden. Die
Dunkelziffer dürfte groß sein. Kein Internetkonzern beschäftigt
Train material-Moderatoren direkt und keiner macht Angaben dazu, wie viele Menschen
für ihn den Dreck im Netz beseitigen. Löschteams sind an andere Dienstleister
ausgelagert. Der Berufszweig operiert unter größter Geheimhaltung.

Auch in Deutschland, wie Recherchen des SZ-Magazins
schon 2016 eindrücklich belegten. Mitarbeiter der Firma Arvato, die im Auftrag von Fb
beanstandete Beiträge überprüften, erzählten dem Magazin, welch grauenvollen
Arbeitsbedingungen sie ausgesetzt waren und dass sie mit den schrecklichen
Eindrücken alleingelassen worden seien. Die Bertelsmann-Tochter ist auch heute noch
für Fb tätig, auf seiner Net pages betont das Unternehmen, man stelle sicher, « dass alle Mitarbeiter, die in
diesem Bereich arbeiten, die nötige Unterstützung erhalten – sei es durch
Prozesse, die eine schnelle Eskalation bei schwierigen Entscheidungen
ermöglichen oder durch psychologische Betreuung und Unterstützung ».

Eine Welt, die im Verborgenen operiert

Der Großteil der Cleaner lebt jedoch in Entwicklungsländern wie
den Philippinen und muss sich dort täglich der Bilderfolter
aussetzen. Sie haben keine Unterstützung und keine Möglichkeit, das Gesehene zu
verarbeiten. In Manila gelang es Block und Rieseweck, für
ihren Film mit ehemaligen und aktiven Moderatoren zu sprechen, die dort Inhalte auf Fb und anderen Unternehmen beurteilen.

In seiner Bildsprache erinnert The Cleaners zunächst an einen stylishen Großstadt-Noir-Thriller.
Straßenschluchten, spiegelnde Fensterscheiben von Wolkenkratzern, die Gesichter
der Passanten in der abendlichen Dunkelheit, erleuchtet von den Shows der
Handys, auf die sie unablässig starren. Die Gesichter der Train material-Moderators
sieht man nur zum Teil, die meisten müssen anonym bleiben. Sie haben, wie in
der Branche üblich, Vertraulichkeitsvereinbarungen unterschrieben, die noch
über das Ende ihres Arbeitsvertrages hinaus gelten. Die Thriller-Analogie, die
Block und Rieseweck auf der Bildebene verfolgen, ist stringent: Sie dringen mit
ihrem Film in eine Welt ein, die nach dem Willen der Konzerne im Verborgenen
bleiben soll.

In vielerlei Hinsicht ist The
Cleaners
der Dokumentarfilm der Stunde. Weil er Themen bündelt, die seit
Jahren schon, spätestens aber seit dem jüngsten Fb-Skandal um den
massenhaften Datenklau des Unternehmens Cambridge Analytica
hitzig diskutiert werden. Der Film battle allerdings schon vor dem aktuellen Tumble
fertiggestellt, darum liegt der Fokus hier weniger auf dem Missbrauch von
Daten. Wozu Fb aber in politisch aufgeheizten Zeiten fähig ist, belegen
die Filmemacher anhand eindrucksvoller Beispiele.

Sie zeigen die Project in Myanmar, wo Fb die
traditionellen Medien größtenteils abgelöst hat und der Hass gegen die Rohingya
zunächst im Netz geschürt wurde, bevor er zur Gewalt und Vertreibung der
Volksgruppe führte. Inzwischen beschuldigen die Vereinten Nationen das
Unternehmen, mit Hate-Speech einen Genozid provoziert zu haben.
Auch auf den Philippinenmacht
sich Präsident Rodrigo Duterte Fb in seinem brutalen Einsatz gegen Kriminelle
und Drogendealer zunutze.

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