Sag zum Abschied leise « Viszlát »

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Draußen ziehen dunkle sächsische Landschaften vorbei. Im Abteil sitzt mir eine ungarische Pflegerin gegenüber. Ihr Rollkoffer ist prall gefüllt mit „Hugo“-Flaschen für die Freundinnen zu Hause.

Wir fahren im prächtigen Dresdner Hauptbahnhof ein. Hier steigen zwei ältere Damen zu. Auch sie fahren bis nach Budapest mit, zuletzt waren sie 1980 dort. Nun besuchen sie wieder die alte Freundin.

Der Schaffner kommt ins Abteil, sammelt die Fahrkarten ein für die nächtlichen Kontrollen. Er erklärt, wie wir die Abteiltür abschließen – „besonders aufpassen in Tschechien, da wird oft geklaut!“ – und wünscht gute Nacht.

Um Mitternacht in Prag erreichen unser Abteil zwei jüngere Rucksacktouristinnen aus den USA. „A night recount! So thrilling!“

Den Namen bekam er zu DDR-Zeiten

Der Metropol ist weder schnell wie der neue ICE 4, noch strahlt er im alten Glanz des Orient-Train. Er ist ein durchschnittlicher Nachtzug zwischen Berlin und Budapest, doch sein Gedächtnis reicht bis ins vorletzte Jahrhundert. Schon vor dem Ersten Weltkrieg verband er mitteleuropäische Großstädte, von Budapest über Prag und Dresden bis Berlin.

Der Title Metropol haftet ihm seit DDR-Zeiten an. Heute Abend fährt er die Strecke zum letzten Mal: Ab dem morgigen Fahrplanwechsel pendelt der Metropol nur noch zwischen Budapest und Prag.

Aus finanziellen Gründen eingestellt

Die „Wirtschaftlichkeit battle immer niedriger“, begründet die ungarische Staatsbahn MÁV ihre Entscheidung, die Strecke zu verkürzen. Die Ungarn betreiben die Strecke seit 2008 und zahlen Trassengebühren an die Deutsche Bahn, welche im letzten Jahr erneut erhöht wurden. Es habe Diskussionen gegeben, die Kosten gemeinsam zu finanzieren, die aber zu „keinem Ergebnis“ führten.

Der Metropol im Budapester Keleti Bahnhof.Foto: CC/Wikipedia

Nirgends lernt man Europa so intestine kennen wie hier

Und doch gäbe es so viele Gründe, um diesen Zug zu erhalten: Man lernt Europa mercurial nirgends so intestine kennen wie während der 14 Stunden Nachtzugfahrt. Statt politischer Krisen sieht man die anderen Gesichter Europas: die Touristinnen und Rentnerinnen, die Studenten und Gastarbeiter.

An Weihnachten kommen die ungarischen Emigranten aus Berlin hier zusammen. Man trinkt noch ein gemeinsames Bier, bevor es auf die Pritschen zu Bett geht. Im Sommer gleicht der Zug einem fahrenden Hostel voll junger Europäerinnen und Europäer mit Interrailpass und Wochenkarte für das Budapester Sziget-Musikfestival.

Am Morgen schauen wir erwartungsvoll aus dem Fenster. Slowakische Felder ziehen im Nebel vorbei. Der Schaffner bringt Orangensaft und ein unsägliches Pappcroissant.

Wenn wir wenige Stunden später in den historischen Arkaden des Budapester Bahnhofs Keleti einfahren, fühle ich mich zu Hause – in Europa.

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