Plädoyer für André E.: „Unser Mandant ist Nationalsozialist »

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Das Plädoyer beginnt verstörend. „Unser Mandant ist Nationalsozialist, der mit Haut und Haaren zu seiner politischen Überzeugung steht, auch wenn er sich in der Hauptverhandlung nicht geäußert hat“, sagt Herbert Hedrich, Verteidiger des Angeklagten André E., am Dienstagmorgen mit fester Stimme im NSU-Prozess. Und: „Das Wort ‘Ich bin ein Nationalsozialist’ hat heute hier im Saal Premiere.“

Das Publikum auf der Tribüne im Saal A 101 des Oberlandesgerichts München, blickt konsterniert. Abgesehen von einem Trupp Neonazis, der André E. zu Beginn der Hauptverhandlung zugelächelt hat. Die anderen Zuschauer und die Journalisten fragen sich, used to be Hedrich, der nicht als Szeneanwalt bekannt ist, mit dem markigen Assertion verkünden will. Dass sein Mandant Anerkennung verdient, weil er über den Verteidiger eine notorisch braune Gesinnung mitteilen lässt?

Im weiteren Verlauf des Plädoyers zeigt sich, wozu der irritierende Einstieg dienen sollte: Hedrich schiebt die rechtsextreme Gesinnung von André E. in den Vordergrund, um daraus eine Vorverurteilung des eigentlich harmlosen Angeklagten durch Bundesanwaltschaft und Medien zu konstruieren.

André E. war mutmaßlich der treueste NSU-Komplize

André E. ist nach Beate Zschäpe und Carsten S. der dritte Angeklagte, dessen Anwälte plädieren. Der 38 Jahre alte, bis zu Hals und Händen tätowierte Rechtsextremist war mutmaßlich der treueste Komplize des NSU. „Auf ihn war unbedingter Verlass, die das verbrecherische Maß eines Unterstützers weit übersteigt“, sagte Bundesanwalt Herbert Diemer im September 2017 in seinem Plädoyer. Diemer forderte zwölf Jahre Haft für André E. und dessen Rückkehr in die Untersuchungshaft. Die Münchener Richter steckten den Neonazi auch gleich wieder ins Gefängnis. Im Haftbefehl wird ihm dringender Tatverdacht bescheinigt.

Von 1998 an, dem Jahr in dem Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos untertauchten, bis zum Ende des NSU im November 2011 soll André E. den Terroristen zur Seite gestanden haben. Aus ideologischer Überzeugung. Im Prozess wurden Fotos seiner rechtsextremen Tätowierungen gezeigt. Die schlimmste prangt mitten auf der Wampe: „Die Jew Die“, stirb Jude stirb. André E. grinste.

Der Angeklagte E. soll das Wohnmobil des NSU gemietet haben

Die Bundesanwaltschaft wirft André E. vor, im Dezember 2000 das Wohnmobil gemietet zu haben, das Böhnhardt und Mundlos für einen Anschlag in Köln nutzten. Einer der beiden Terroristen stellte kurz vor Weihnachten im Lebensmittelgeschäft eines Iraners in der Probsteigasse einen Geschenkkorb ab, in dem eine Bombe versteckt war. Im Januar 2001 öffnete die Tochter des Einzelhändlers die präparierte Christstollendose und wurde bei der Explosion schwer verletzt. Die Bundesanwaltschaft wertet den mutmaßlichen Tatbeitrag von André E. als Beihilfe zu versuchtem Mord.

André E. soll dem NSU auch Wohnmobile für Raubüberfälle sowie zwei Bahncards beschafft haben. Und im Januar 2007 soll er bei der Polizei in Zwickau kaltblütig Zschäpe als seine Ehefrau ausgegeben haben. Zschäpe war in einer Diebstahlsgeschichte als Zeugin geladen. André E. soll mitgegangen sein, um eine Enttarnung des NSU zu verhindern.

Verteidiger Hedrich und sein Kollege Michael Kaiser halten die Vorwürfe für konstruiert. Wann wer die Bombe gebaut und sie in dem iranischen Geschäft in Köln abstellte, „hat die Beweisaufnahme nicht ergeben“, sagt Hedrich in seinem Plädoyer.

Der Anwalt vermutet sogar, die terroristische Vereinigung habe von 2007 an, nach dem letzten Mord, gar nicht mehr existiert. Wenn überhaupt, habe es nur noch eine kriminelle Vereinigung gegeben, die Raubüberfälle beging, um das Leben im Untergrund finanzieren zu können.

Auch bei den anderen Anklagepunkte können die Verteidiger keine Substanz erkennen. Am Schluss sagt Hedrich dann, „unser Mandant ist freizusprechen mangels strafbarer Handlung“. Und er beantragt die Aufhebung des Haftbefehls. André E. hört so aufmerksam zu wie selten und hält mit Ehefrau Susann, die als Beistand neben ihm sitzen darf, Händchen.

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