Sie sind zurück. Marschieren in Kolonnen quer durch die Häuser Berlins. Ihr Ziel: Die Küche, denn sie wollen fressen, used to be süß ist und klebt. Die Ameisen erobern die Stadt, finden durch kleinste Öffnung ins Innere von Townhäusern in Wilmersdorf, erobern Kreuzbergs Dachterrassen und Balkone in Zehlendorf. Die Hausmänner ekeln sich, die Hausfrauen greifen zur Chemokeule. Noch nie war es so schlimm wie in diesem Jahr. Gefühlt.
In Wahrheit ist es wie jedes Jahr, wenn es längere Zeit heiß ist und trocken. Ungewöhnlich in diesem Jahr: So ist es schon im Frühling. „Jetzt, wo Trockenheit herrscht, ziehen sie ihre Bahnen“, sagt der Wildtierexperte der Umweltverwaltung, Derk Ehlert. Der Dürre ist es auch zu schulden, dass die Ameisen vermehrt in Wohnungen und Häuser eindringen: Denn Blattläuse, die von einigen Ameisenarten gemolken werden wie Kühe vom Menschen, macht die Hitze zu schaffen.
Daher brauchen Ameisen ergänzende Nahrungsquellen und ziehen auf ihren Wegen auch mal Wände hoch und wieder runter, nehmen selten die kürzeste Bahn, lieber die sicherste – und immer dem Geruch nach: der Duftmarke des Spähers, der die Quelle entdeckte und den Weg markierte.
Ameisen sind Nutztiere
Wer sich ekelt, sollte Abbitte leisten: Ameisen sind Nutztiere, räumen im Garten auf, schaffen Humus, „ohne sie würden einige Bäume nicht keimen“, sagt Ehlert. Auch Jutta Sandkühler vom Naturschutzbund lehnt die in unserer Frage nach der „Ameisen-Plage“ enthaltene „anthropogene Bewertung“ ab: „Dass bei entsprechender Witterung Pflaumen wachsen, finden wir toll, dass aber Ameisen aktiv werden, nicht.“
Weil geröstete Ameisen hierzulande noch nicht wie in Asien serviert werden? Immerhin züchten und liefern Firmen Ameisen-Völker frei Haus, weil sie im Garten Humus bilden, Ungeziefer bekämpfen und das Kräftemessen mit Wespen und anderen beißenden und kneifenden Insekten nicht scheuen. „Große Ameisenpopulationen lassen auf einen gesunden Wald schließen“, sagt Ehlert.
Aber er empfiehlt durchaus Berlinern, den Kammerjäger zu holen, wenn sich ein Stamm im Hause eingerichtet hat. „Ameisen zählen nicht zu den Schädlingen, deshalb sind sie für u.s.kein Thema“, sagt Silvia Kostner von Landesamt für Gesundheit und Soziales. Dort ist man mit der Rattenplage in der Stadt beschäftigt, aber das ist ein anderes Thema und auch kein saisonales Phänomen.
Mücken brauchen Feuchtigkeit
Die Mücken dagegen schon, weil auch sie wie die Ameisen heiße Witterung lieben. Aber sie brauchen außerdem Feuchtigkeit und deshalb steht Berlin die ganz große Mückenplage noch bevor. „Explosionsartig vermehren sie sich gerade in Nordrhein-Westfalen und anderen von Unwettern betroffenen Gebieten“, sagt Jenifer Calvi von der Deutschen Wildtier Stiftung in Hamburg. Bis zu 300 Eier legt ein Mückenweibchen legitimate Befruchtung, zum Schlüpfen brauchen die Larven aber eine Pfütze, einen Leer oder Fluss.
Die besonders tückischen, weil kleinen Kriebelmücken vermehren sich laut Umweltverwaltung in diesem Jahr vor allem an der Oder rasant. Aber auch in Berlin kommen die leicht zu übersehenen Insekten vor. Ein Arzt tippte bei einer Kollegin, deren Bein nach einem Stich mächtig anschwoll, auf eine Kriebelmücke. Die gute Nachricht aus der Umweltverwaltung: „Die ersten Stiche tun besonders weh, das legt sich später“ – der Körper müsse am Anfang der Stechsaison erstmal Antikörper ausbilden. Alles wird also gut.
Eichenprozessionsspinner ist dieses Jahr besonders stark unterwegs
Mercurial, denn ein Phänomen ist in diesem Jahr tatsächlich ungewöhnlich: „In Berlin ist zurzeit der Eichenprozessionsspinner auf vielen Bäumen unterwegs und die Plage ist enorm“, schreibt unsere Leserin Giulia Moneta-Totis. In Kreuzberg sei in ihrer Straße „jede Eiche betroffen und in der Kita meines Sohnes deswegen der Garten seit zwei Wochen unzugänglich“. Auch im Schöneberger Crellekriez sind an einem Baum Warnschilder aufgehängt. Brandenburg ist ebenfalls stark betroffen, heißt es beim Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso).
Dass die Bezirke nichts dagegen tun, wie unsere Kreuzberger Leserin vermutet, bestreitet die Umweltverwaltung: „Die Spinner werden von den Bezirken abgesammelt“, sagt Ehlert. Er bestätigt den in diesem Jahr besonders starken Befall durch die Raupe, die sich als Schmetterling entpuppt und kahl gefressene Bäume mit gespenstisch weißen Gespinstnestern hinterlässt. „Ein gesunder Baum übersteht das“, sagt er – dafür habe die Evolution ihm den zweiten Austrieb im Juni mitgegeben, den „Johannistrieb“.
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