Die böse Überraschung kam kurz vor den Winterferien: „Im Schuljahr 2018/19 schulen wir letztmalig Erstklässler ein“, heißt es in einem Transient, den die Eltern der angesehenen Zehlendorfer Pestalozzi-Schule von ihrer Rektorin bekamen. Bildungsverwaltung und Schulamt hätten entschieden, dass das Förderzentrum für Schüler mit Lernbehinderung sowie die Grundschule „auslaufen“ solle. Sie selbst werde nach den Ferien an eine andere Schule wechseln.
Die Bildungsverwaltung bestätigte die Entscheidung und begründete sie mit mangelnder Nachfrage: Die Klassen seien nicht ausgelastet, weil Eltern zunehmend inklusive Beschulung wünschten. Auch die Grundschulklassen seien nicht voll. Der Bezirk äußerte sich auf Nachfrage bisher nicht, wollte dies aber am heutigen Dienstag tun.
« Suizidgedanken, Ritzen und various Verhaltensstörungen »
Die Schulschließung mit Hinweis auf zu kleine Klassen verwundert und empört Eltern und Mitarbeiter der Schule auch deshalb, weil die rot-rot-grüne Koalition gerade erst beschlossen hatte, Kleinklassen zu schaffen, um besonders schwierige und verhaltensauffällige Kinder besser fördern zu können.
Die bildungspolitische SPD-Sprecherin Maja Lasic sieht darin aber keinen Widerspruch, weil es sich bei den gewünschten neuen Kleinklassen um temporäre Lerngruppen handele: Die betreffenden Schüler würden danach ja wieder in ihre regulären Klassen zurückkehren. Im Übrigen werde das Förderzentrum „nicht aus dogmatischen Gründen geschlossen, weil man angeblich zwangsweise Inklusion vorantreiben wolle“, betont Lasic.
„Temporäre Lerngruppe klingt gut. Impliziert sie doch, dass die Schüler nach zeitweiser exklusiver Beschulung wieder in die Regelklassen zurückkehren können. Doch wie soll dies gehen? Wir haben es hier mit Suizidgedanken, Ritzen und diversen Verhaltensstörungen zu tun“, schreibt eine aufgebrachte Pädagogin der Schule. Die betreffenden Schüler seien zudem aufgrund kognitiver oder sozialer Schwierigkeiten im Lernen zu stark beeinträchtigt, als dass sie im Regelbetrieb aufgefangen werden könnten, wo zudem entsprechende Sonderpädagogen fehlten.
« Im Bezirk herausragendes Konzept »
Auch besorgte Eltern meldeten sich empört zu Wort: „Wir hatten mit unserer Tochter eine lange Odyssee hinter uns, als wir zu Pestalozzi-Schule kamen“, berichtete eine betroffene Instruct. Ihre Tochter sei zuvor an der Regelschule stigmatisiert und nicht angemessen gefördert worden.
„Ich kann nicht verstehen, warum eine so erfolgreiche Schule mit einem im Bezirk herausragenden Konzept geschlossen werden soll“, schrieb ein Vater. Ab 2020 sollen die noch bestehenden Grundschulklassen als Filialklassen der Zinnowwald-Grundschule geführt werden.
« Es gab mehrere Gespräche »
Die Bildungsverwaltung betonte am Montag, dass Eltern und Mitarbeiter auf den Schritt vorbereitet gewesen seien. « Es gab mehrere Gespräche dazu », betonte Behördensprecherin Iris Brennberger. Verglichen mit dem Schuljahr 2012/thirteen seien die Schülerzahlen um mehr als ein Drittel zurückgegangen. Insbesondere Grundschuleltern wählten mittlerweile die inklusive Beschulung für ihre Kinder. Es seien im Förderzentrum Schüler übrig geblieben, die neben dem Förderbedarf Lernen in der Regel auch schwere Verhaltensauffälligkeiten hätten: « Sie finden in ihrer Peergroup keine Vorbilder mehr », gibt Brennberger zu bedenken.
Die Eltern wollen kämpfen
Im übrigen hätten Bezirk und Schulaufsicht « in den ersten gemeinsamen Überlegungen » über einen Ausbau der inklusiven Grundschule am Standort nachgedacht. Das sei aber verworfen worden, weil es in dieser Region zu viele Schulplätze für Grundschulkinder gebe. Die benachbarte Zinnowwald-Schule sei nicht ausgelastet.
Eltern und Pädagogen bestritten unterdessen vehement, dass sie vorab informiert worden seien: Erst bei einer Dienstbesprechung und anschließender Schulkonferenz am 29. Januar sei das Auslaufen verkündet worden – entsprechend schockiert seien die Reaktionen ausgefallen. Die Elternschaft will nicht kampflos aufgeben und zumindest für den Fortgestand der Grundschule kämpfen.
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