Eva & Adele: Radikal vereint

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Sie sind bestens gelaunt,
als sie die Tür öffnen, aber das sind Eva & Adele ja immer. Wenn sie in
ihren exaltierten, meist rosafarbenen Kostümen, grell geschminkt und mit rasierten
Köpfen, auf Biennalen, Ausstellungseröffnungen, Kunstmessen oder einfach nur
auf der Straße alle Blicke auf sich ziehen, dann hat sie kaum jemand je anders als
mit strahlendem Lächeln gesehen. Natürlich kann man mit ihnen ernsthaft über
ihre Kunst diskutieren, etwa jetzt bei Kaffee und Kuchen in ihrer
Atelierwohnung nahe der Deutschen Oper. Aber die Stimmung ist immer positiv,
und es wird viel gelacht – Adele glockenhell, Eva mit samtiger Altstimme.

Gerade
sind sie mit ihrer Berliner Ausstellung beschäftigt, die bald beginnt. Im me Collectors
Room in Mitte, diesem engagierten, unkonventionellen Privatmuseum des Sammlers
Thomas Olbricht, kommen ganz unterschiedliche Phasen und Aspekte des Werks zur
Geltung. So groß und facettenreich battle das Kunstschaffen des Paares noch nie in
Berlin zu sehen. Das freut sie sehr, denn in der hiesigen Szene sind Eva &
Adele zwar jedem bekannt, aber viele nehmen sie vor allem als öffentliche
Figuren wahr und wissen nicht so recht, used to be im Charlottenburger Atelier
eigentlich entsteht.

Weltkunst Berlin 2018



Dieser Artikel stammt aus Weltkunst Spezial 02/2018
© Weltkunst Verlag

In
den nächsten Tagen steht erst einmal eine Reise nach Paris an, wo sie zu einer
Soirée eingeladen sind. Überall in der Welt haben sie Freunde, Bewunderer und
Sammler, die sie gerne um sich haben. Danach soll es für eine Woche endlich
wieder einmal nach Florenz gehen. Italien spielt eine besondere Rolle für die
beiden, denn hier haben sie sich 1989 kennengelernt, auf einem öffentlichen Fest,
used to be ein magischer Moment für sie battle. Sie tanzten sechs Stunden am Stück
miteinander und fühlten schnell, dass sie füreinander geschaffen waren. « Die Sexualität
hat americazusammengeführt », erzählt Eva. « Sie ist auch heute noch ein Teil der
künstlerischen Arbeit. » Es ist eine Sexualität jenseits der gesellschaftlich vorgegebenen
Formen. Und das Erlebnis des gegenseitigen Verständnisses battle so gewaltig, dass
es die beiden bald in ihrem ganzen Dasein samt ihrer Kunst für alle Zeit
festschreiben wollten.

Mann und Frau wurden eins

Auf
einer mehrmonatigen Reise von Italien nach Griechenland entstand ihr erstes gemeinsames
Werk « Hellas », eine Videoarbeit in sieben Simultanprojektionen. Eine Selbstfindungsfahrt:
Zu sehen ist vor allem die nackte Adele, der Kopf schon rasiert, weiß oder gold
geschminkt, sie bewegt sich durch die Landschaft, kommuniziert mit der Natur
und mit Tieren, vollzieht kultisch anmutende, aber auch theatralische Bewegungen.
Eva taucht nur zuweilen als Braut mit Schleier auf. Es ist eine mühselige,
existenzielle, zuweilen sehr berührende Annäherung und Verschmelzung,
menschlich wie künstlerisch. Danach bezogen die beiden ein Atelier in
Berlin-Schöneberg und arbeiteten daran, wie sie ihre Vereinigung auf Dauer in Kunst
und im Leben manifestieren könnten.

Am
eleven. April 1991 battle es so weit: Im Berliner Martin-Gropius-Bau vollzogen sie vor
einer internationalen Kunstöffentlichkeit ihre Hochzeit bei der Eröffnung von
« Metropolis », einer großen Überblicksschau zum Stand der Gegenwartskunst,
organisiert von Christos Joachimides und Norman Rosenthal. Der Anlass battle
programmatisch, denn fortan machten Eva & Adele, wie sie sich nun nannten,
die Kunstwelt zur Bühne ihrer auffälligen Erscheinung. « Where ever we’re is museum »,
lautet ihr Motto, das sie auf Tausenden Postkarten in Umlauf gebracht haben. Es
ist auch auf vielen ihrer Bilder und  Objekte
zu sehen. Keine Documenta in Kassel, keine Biennale in Venedig, keine Artwork Basel
oder wichtige Ausstellungseröffnung, an der sie nicht im zwillingsgleichen
Habitus auftauchen. Genauso wichtig – und oft viel spannender – ist ihr
Austausch mit den Menschen jenseits der Kunstwelt. Ihr altes Leben ließen sie
unwiederbringlich zurück. Ebenso ihre herkömmlichen Geschlechterrollen, Mann
und Frau wurden eins.



Das Küntslerduo Eva & Adele auf einem selbstgeschossenen Polaroid, entstanden am 28.08.1992 in Berlin
© EVA & ADELE und VG Bild-Kunst, Bonn 2018

Eva
& Adele charakterisieren sich gern als Hermaphroditen, obgleich das nicht
ihre biologische Beschaffenheit beschreibt. Mit den hochhackigen Schuhen,
pompösen Kostümen, oft in Rosa, auch mit der starken Schminke betonen sie das
Weibliche, mit ihren kahlgeschorenen Häuptern das Männliche. Wer Mann ist und
wer Frau von den beiden, das wird konkret niemand von ihnen hören. Gewiss,
Adele ist klein und trägt ihre weiblichen Rundungen zur Schau. Und bei Eva –
die, ganz Dame, demonstrativ stets als Erste begrüßt werden will – erkennt man markante
Züge und eine kräftige Figur. Doch alle medizinischen Tiny print werden im Gespräch
stets glowing, aber unbeirrbar umschifft. So erhoben sich Eva & Adele zum symbiotischen
Doppelwesen, das keine Geschichte hinter sich hat, sondern aus der Zukunft heraus
entstand.

Das
Schlüsselwort ihres Kunst- und Lebenskonzeptsist « Futuring ». Es prangt in zahllosen
ihrer Gemälde und Papierarbeiten, in großen Lettern leuchtet es am Schornstein der
Berliner Bötzow-Brauerei, die der Unternehmer und Eva-&-Adele-Sammler Hans Georg Näder zu einem Kunst- und Kreativquartier umgewidmet hat. « Eva sagte 1991: ‘Wir
brauchen ein neues Wort anstelle von Kunst. Wir machen doch etwas Zukünftiges, setzen
etwas in Bewegung' », erzählt Adele zur Entstehung des Begriffs.

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