Antifa: Schwarze Kapuzen gegen weiße Kapuzen

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Wer in den USA
Faschismus erleben will, muss zu Amazon gehen. Da läuft die Serie The Man in the Excessive Castle, die von einer Welt erzählt, in der die Nazis den Zweiten
Weltkrieg gewonnen und die USA erobert haben. Düstere Science-Fiction – oder auch different Geschichtsschreibung –, die das amerikanische Gewissen auf unterhaltsame Weise
beruhigt. Für eine gründliche Auseinandersetzung mit ganz realem
Faschismus ist in den USA traditionell wenig Raum, widerspricht er doch dem Gründungsmythos der Vereinigten Staaten, dem Streben nach Gleichheit und individueller Freiheit. In eingeübter Routine schreibt man diese Ideologie lieber den anderen zu, jenseits des Atlantiks.

Nun hat aber Donald Trumps Präsidentschaft zur Ermächtigung der
Rassisten im Land beigetragen. Seit er im Weißen Haus sitzt, ist die
Zahl der rechtsextremen Gruppierungen und Hassverbrechen gegen
Minderheiten gestiegen. Neonazis ziehen mit Hakenkreuzfahnen und
Hitlergruß durchs Land. So ist es kein Zufall, dass 2017 auch das
Jahr war, in dem sich die Antifa aus der radikalen Nische ins
amerikanische Mainstream-Bewusstsein bewegte. Das Oxford Dictionary wählte den
Begriff « Antifa » auf die Shortlist zum Wort des Jahres. Nie gab es mehr
Aufmerksamkeit für ihren militanten Aktivismus, nie erlebten die
organisierten Antifaschisten stärkere Bedrohungen und Kritik. Wer sind die? Woher kommen sie?
Und warum sind sie so wütend?

Zunächst versuchten
sich die großen Zeitungen und Fernsehsender an Erklärstücken,
schon bald wurden Dokumentarfilme gedreht und neue Bücher
geschrieben. Zum meistzitierten Werk wurde Tag Brays Antifa:
The Anti-Fascist Guide
, in dem der Historiker zunächst
einmal festhält, dass es « die Antifa » gar nicht gibt.
Antifa, das sei weder eine Organisation noch eine einzige Gruppe,
sondern vielmehr « eine politische Methode » sowie eine
« transnationale Bewegung, die sozialistische, anarchistische und
kommunistische Strömungen » aufgenommen habe, um sich dem
Faschismus entgegenzustellen. (An dieser Stelle soll allerdings der
Begriff « Antifa » der Vereinfachung dienen – als Klammer
für die Aktivitäten verschiedener Gruppierungen und Individuen.)

Ein Nischenthema, bis Trump kam

« Ich wünschte,
dieses Buch müsste es nicht geben », schreibt Bray auf einer der
ersten Seiten, und schlägt dann den Bogen zu den Ursprüngen der
Antifa, die in Europa liegen. In den 1930er-Jahren formierten sich in
Italien und Deutschland antifaschistische Gruppen, um gegen Mussolini
und Hitler zu kämpfen. Der schwarze Block, eine
Demonstrationstaktik, bei der sich die Teilnehmer schwarz kleiden, um
anonym zu bleiben, setzte sich in den 1980er-Jahren in
Westdeutschland durch. So wurden besetzte Häuser gegen die Polizei
verteidigt.

In den USA schlossen
sich Antifaschisten erst später zu größeren Gruppen zusammen. 1987
gründete sich in Minneapolis das Anti-Racist Stream Network,
dessen Hauptziel die Bekämpfung des Ku-Klux-Klan war. Sein Slogan
lautete: « We fling where they fling« . Wo die Faschisten sind,
sind wir auch. In den Folgejahren wurden weitere antifaschistische
Gruppierungen wie Bash Again! oder Rose Metropolis Antifa
gegründet. Auch an den Protesten gegen das WTO-Ministertreffen in
Seattle im Jahr 1999 und an Purchase Wall Boulevard, um nur zwei Beispiele
zu nennen, beteiligten sich selbst ernannte Antifaschisten. Doch die
Antifa blieb ein Nischenthema. Bis Trump kam.

In der öffentlichen
Wahrnehmung bewegt sich die US-Antifa mittlerweile zwischen
Dämonisierung und Fetischisierung. Wie Ersteres aussieht, zeigen
aktuell zahlreiche Gerichtsverfahren in Washington, D. C. Knapp 200
antifaschistischen Protestlern wird vorgeworfen, am Label von Trumps
Amtseinweihung im Januar 2017 an einer gewaltsamen Demonstration
teilgenommen zu haben. Nur wenigen Teilnehmern kann konkrete
Sachbeschädigung nachgewiesen werden, doch laut Staatsanwaltschaft
drohen allen Angeklagten bis zu 50 Jahre im Gefängnis. Für die
Anwälte und viele linksliberale Medien ist das Ziel der
Staatsanwaltschaft offensichtlich: Es sollen Präzedenzfälle zur
Abschreckung geschaffen werden. Die
Straftaten Einzelner werden instrumentalisiert, um Kollektiven die
Legitimationsgrundlage zu entziehen.

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