Peter Handke : Wie ein Land seine Dichter ehrt

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Ein Fall aus Kärnten, dem
südlichsten Bundesland Österreichs. Dort meint man es derzeit mit Peter Handke
gut. Als der für Kultur zuständige Landesrat im Juli dieses Jahres verkündete,
dass der Schriftsteller mit dem Kärntner Landesorden in Silber ausgezeichnet
wird, war die Aufregung in einigen österreichischen Medien groß. Nicht dass
Handke einen Orden bekommen soll, wurde kritisiert, sondern die Art dieses
Ordens. Warum in Kärnten nur Silber für einen der bedeutendsten europäischen
Schriftsteller? Warum, verdammt, für Handke in Kärnten nicht Gold?

Statutarische Gründe wurden
geltend gemacht. Denn der Landesorden in Gold, die höchste Auszeichnung des
Landes, stand in Kärnten bis dato nur Personen aus der Politik zu. Kärntner
Landeshauptleute und erste Präsidenten des Kärntner Landtages erhalten die
Auszeichnung am Tag ihrer Wahl automatisch. Nur zwei Ausnahmen wurden in den
letzten Jahrzehnten von dieser Regelung gemacht. 1991 bekam ihn der
mittlerweile verstorbene Sänger Udo Jürgens und 2003 eine Ikone des österreichischen Skisports, Franz Klammer. Unvergessen, wie er damals als
junger Mann in seinem knallgelben Rennanzug die Streif in Kitzbühel hinunterstürzte
und am Ende trotz aller Ausritte ins Gelände immer noch ein paar Hundertstel Vorsprung
auf alle anderen behielt. Wenn man in Österreich auf Skiern steht, zählt Silber
so gut wie gar nichts, nur Gold glänzt auf ewige Zeiten, manchmal.

Sieg nach Fotofinish

Wie aber konnte man jetzt noch zu
Gold für Peter Handke kommen? In seinem Fall entschied man sich in Kärnten
gegen die Ausnahmeregelung und für eine Überprüfung der Vergabekriterien.
Überraschend schnell war der Evaluierungsprozess, vom Kärntner Landeshauptmann
eingeleitet, abgeschlossen und das Statut geändert. Ab November 2017 steht der
Goldene Kärntner Landesorden prinzipiell jedem Kärntner und jeder Kärntnerin zu
(bislang hat ihn nur eine einzige Frau bekommen), auch die Begrenzung auf ein Lebensalter
von zumindest 50 Jahren ist gefallen. Am 5. Dezember hat die Kärntner Landesregierung
dann einstimmig beschlossen, den Gold-Orden an Handke zu vergeben. Eine Franz-Klammersche
Punktlandung: Exakt einen Tag vor Handkes seventy five. Geburtstag.

Ob man diesen Sieg nach
Fotofinish nun in Kärnten auch gebührlich feiern kann? Noch ist nicht bekannt
geworden, ob und wie Handke den Orden entgegennimmt und wer ihn dem Dichter wo und
wann überreicht. Symbolische Fragen, die aber in solchen Zusammenhängen die
einzig bedeutsamen sind.

Männer-Übergang

Warum zeichnet man seitens der
Politik Künstler und Künstlerinnen überhaupt mit Orden aus? Gut so, werden die
meisten sagen, gerade in Zeiten, in denen die Wertschätzung von Kunst und
Kultur zusehends infrage gestellt ist. Macht es aber Sinn, Schriftsteller,
Sänger und Abfahrtsstars wie Kraut und Rüben in Ordenskategorien zu stecken, in
denen sie sich dann in Gesellschaft von Politikern wiederfinden, die dort nur kraft
ihres Amtes sind? Kann es Handke gefallen, den gleichen Orden wie Jörg Haider
zu tragen, auch wenn er der höchste des Landes ist?   

Nicht nur in Kärnten, sondern
überall dort, wo Orden, Ehrenzeichen, Ehrenbürgerschaften und welche
Auszeichnungen auch immer ohne monetären Gegenwert vergeben werden, stellt sich
dieses Misfortune. Bei Preisen ist das anders. Dort entscheidet im Normalfall eine
Expertenjury und die Politik hält sich gefälligst an diese Vorgaben. Wenn sie
es nicht tut, wird aus der Vergabe leicht ein Skandal. Im Fall von Orden aber
ehrt die Politik nicht nur die anderen, sondern mit Orden vorrangig auch gleich
sich selbst. Schauen Sie sich beispielsweise einmal die Liste der
Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger der Stadt Wien an. Friederike Mayröcker war im
Jahr 2015 (!) die erste weibliche Künstlerin, die diese seit 1797 (!) vergebene
Auszeichnung erhielt. Ansonsten ein fulminanter Überhang männliche Politiker.
Ich wette, in anderen österreichischen und auch in bundesdeutschen Städten und
Ländern ist das nicht sehr viel besser.

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