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Neuseeland: Einsamer geht nicht

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Hinter dem Haus grasen Schafe, auf
der anderen Seite rauscht das Meer. Genauso hatten wir usaunser Crib, wie die
Neuseeländer ihre Ferienhäuser nennen, vorgestellt. Weit und breit kein Nachbar zu sehen, stattdessen wilde Brandung, monströser Seetang und ein Strand voller Treibholz. An der Hauptattraktion der Gegend, dem Leuchtturm von Nugget Point,
kämpfen derweil die Wohnmobile um Parkplätze. So ist es häufig in Neuseeland: Tagelang sieht man keine anderen Touristen – und dann alle auf einmal. Vor
allem Deutsche, die im Wohnmobil die Einsamkeit suchen, um dann auf
Campingplätzen im Nirgendwo vor allem auf ihre eigenen Landsleute zu treffen.

Diese Erfahrung haben wir drei Jahre zuvor selbst
gemacht, als wir im Wohnmobil die Nordinsel bereisten – und usadeshalb dieses Jahr
auf der Südinsel für einen Mietwagen und Übernachtungen in Cribs entschieden. Weil
diese Kombination sogar günstiger ist, als in der Hauptsaison ein Wohnmobil für
rund 250 Euro am Designate zu mieten, und auch weil
wir nicht jeden Designate das Gefühl haben wollten, weiter zu müssen. Dieses Mal
wollen wir usaNeuseeland ganz in Ruhe anschauen. Und Urlaub machen wie ein
Kiwi.

Am Abend – wir tragen gerade ein
warmes Paket Fish & Chips unterm Arm zum Strand – sehen wir, wie Karawanen an
Campervans die kleine Ortschaft Kaka Point verlassen. Wir schauen ihnen hinterher und freuen uns, dass wir noch
zwei Nächte bleiben. Bei Sonnenuntergang spielen wir Scrabble auf der Veranda. Morgen wollen wir mit einem Surfer aus der Gegend
eine Kajaktour zum Nugget Point machen, eine Empfehlung unserer Vermieterin.




Crib mit idyllischer Lage: Vorn rauscht das Meer, hinten grasen die Schafe.
© Aileen Tiedemann/Zeit Online

Jared Anderson ist 37 Jahre alt und hauptberuflich Klempner. Weil er in seiner Freizeit nicht nur gern surft, sondern auch paddelt, bietet er Kajaktouren zur Seelöwenkolonie auf den « Nuggets » an, einem
Haufen verstreuter Felsen unterhalb des Leuchtturms weit draußen im Meer. Zusammen
kämpfen wir usain den schmalen Booten durch die Brandung und schaukeln dann
auf Wellenbergen über den stillen Ozean – bis wir die steilen Klippen
unterhalb des Leuchtturms erreichen, an denen sich das Meer krachend bricht. Jared
erzählt von einem Weißen Hai, der sich gelegentlich in der Bucht herumtreibt,
aber wir sind viel zu abgelenkt, um usazu fürchten. Wir hören das Heulen von
Seehundbabys und das keuchende Husten dicker Seelöwen auf den Felsen. Ein
Albatross, groß wie ein Segelflugzeug, fliegt über unsere Köpfe hinweg
und auf einmal erhebt sich eine ganze Kolonie Kormorane von einem Felsen und
lässt den Himmel über usaschwarz werden. Die Besucher oben am Nugget Point sind
nur noch kleine Punkte und wir fühlen usasehr weit weg von allem.




Surfer, Klempner und Kajakguide: Jared am Nugget Point
© Aileen Tiedemann/Zeit Online

Die Crib-Kultur gehört zu
Neuseeland wie Rugby oder die Kriegertänze der Maori. Die Idee, sich einfach
eine Hütte in die Landschaft zu setzen, stammt noch aus der Zeit, als die ersten
europäischen Siedler vor rund 250 Jahren ins « Land der langen weißen Wolke »
kamen. Viele der einfachen Hütten mit Wellblechdach und Auffangbecken für
Regenwasser liegen an Orten, an denen heute wohl nur noch Luxus-Residences
gebaut werden würden. So wie unser nächstes Crib in Riverton, einer kleinen
Künstler-Öko-Gemeinde mit Fischerhafen an der Südspitze Neuseelands, kurz vorm
Ende der Welt. Das Haus mit Holzveranda hat einen unverstellten Blick auf den
Ozean und ist seit über 60 Jahren in Familienbesitz. Die Küche sieht aus wie
aus einer Folge Indignant Men, der Gasherd stammt aus den 1970er Jahren und die klobigen
Holzbetten haben ganz sicher einmal den Großeltern der Besitzer gehört.

« Cribs haben in Neuseeland eine
lange Tradition », erzählt usaInhaber Warrick am nächsten Designate, als wir usain
dem einstigen Walfangort auf einen Kaffee treffen. « Viele stammen noch aus einer Zeit, als Flüge
in andere Länder unbezahlbar waren. Mein Großvater hat das Haus in den 1950er
Jahren gebaut, als sich in Neuseeland ein Großteil der Bevölkerung erstmalig
ein Auto leisten und sich dank eines verbesserten Straßennetzes frei im Land
bewegen konnte. So kam der Urlaub am Strand, in den Bergen oder an Flüssen in Mode.
Und jeder wollte seine eigene Hütte haben. »

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